Markus Pulm regt in diesem Werk die Führungskräfte vom Einsatzleiter bis zum (Atemschutz-)Truppführer an, bei der bisher gewählten Taktik zur Brandbekämpfung umzudenken und mehr aus den Augen des Geschädigten zu sehen. Nicht die schnellste Zeit bis "Brand aus" ist das Ziel unserer Tätigkeit, sondern die Schäden insgesamt so niedrig wie möglich zu halten. Dabei wird - vermutlich nicht nur in Deutschland - bei der konventionellen Vorgangsweise der Rauchausbreitung und damit der Kontaminierung von bis zum Eintreffen der Feuerwehr noch nicht verrauchter Räume oft nicht ausreichend Einhalt geboten.
Markus Pulm
Falsche Taktik - Große Schäden
Einige Zitate und Aussagen aus dem Buch
These 2: Viele dieser Schäden sind vermeidbar
Beispiel Rauchschutztür
Beispiel Kellerbrand
Der Schutz der Werte muss im Zentrum der Überlegungen stehen
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Es ist mit unseren Zielen nicht in Einklang zu bringen, wenn wir billigend in Kauf nehmen, dass Dinge zerstört werden, die nicht zerstört werden mussten.
Benehmen wir uns in fremden Wohnungen doch einfach so, als wäre es unsere eigene Wohnung - oder die unserer Mutter
+ Löschwasserschäden
+ Rauchschäden
+ Sanierungs- und Entsorgungskosten
+ Ausfallzeiten
+ ökologische Schäden, Imageverluste usw
= Gesamtschaden
Die Rauchschäden, Sanierungs- und Entsorgungskosten und Ausfallzeiten machen oft den größten Teil des Schadens aus.
Gleichzeitig sind es die Parameter, die in den taktischen Überlegungen eine eher untergeordnete Rolle spielen, wir konzentrieren uns vornehmlich auf die Brandbekämpfung
Unser Ziel = Reduzierung des Gesamtschadens!
So kann der Einsatz als erfolgreich eingestuft werden, wenn die zielorientierte Taktik bspw. zu einem höheren Schaden durch die Brandeinwirkung geführt hat, sofern hierdurch z.B. Rauchschäden in mindestens gleichem Wert vermieden werden konnten.
Kundenorientiertes Handeln bedeutet, den Ausfallzeiten hohe Aufmerksamkeit zu widmen und die Funktionalität von Wohnungen, Betrieben, Einrichtungen und der Infrastruktur schon bei der Einsatzplanung zu beachten
Was ist bereits vernichtet?
Was gibt es noch zu retten?
Was ändert sich pro Zeiteinheit?
Wenn bspw. beim Vollbrand einer Lagerhalle schon alles zerstört ist, liegt der weitere Wertverlust pro Minute bei Null,
wir befinden uns in einem stationärem Zustand.
Die Lage stabilisieren
Disziplinlosigkeit als Stressfaktor
unbedingt abzustellen: Mannschaft, die "schon mal anfängt", während die Führungskraft noch erkundet.
Gefahr = Schadensausmaß x Eintrittswahrscheinlichkeit
modifizierte Formel:
Gefahr = noch vermeidbarer Schaden bei schnellstmöglicher Einleitung realisierbarer Gegenmaßnahmen x Eintrittswahrscheinlichkeit bei ausbleibenden Gegenmaßnahmen.
(Entscheidend für unsere Beurteilung kann nur das Schadensausmaß sein, das sich durch unser Eingreifen noch beeinflussen lässt.)
Anmerkungen zur Gefahrenmatrix
Brandrauch hat neben den toxischen Wirkungen auch Eigenschaften, die Sachwerte schwer beschädigen können (zB. korrosive Eigensch.) Vor allem hochwerte elektronische Geräte reagieren sehr empfindlich auf diese Schadstoffe. Brandrauch enthält immer auch Ruß, an dem Schadstoffe in gesundheitsschädlicher Konzentration adsorbiert sind.
Brandrauch muss daher auch unter dem Gesichtspunkt der "Ausbreitung" betrachtet werden: "Ausbreitung von Feuer und Rauch" ergibt auch Gefahr für Sachwerte
Mit Gefahren umgehen - vier grundsätzliche Möglichkeiten
Das Tabuthema "Aufgeben"
In folgenden Situationen kann es sinnvoll sein, Objekte aufzugeben:
2. Der erforderliche Aufwand, um das Objekt zu retten, ist zu groß und hindert uns daran, sinnvollere Dinge zu tun.
3. Das Risiko, das eingegangen werden muss, um das Objekt zu retten, steht in keinem Verhältnis zu dem zu rettenden Gut.
Wie ist das beim Thema "Menschenrettung"?
Als Grund, ein Menschenleben aufzugeben, kann nur gelten:
2. Das Risiko für die Retter steht in keinem Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit, die Menschenrettung erfolgreich abschließen zu können.
So neu ist das eigentlich nicht...
- Welche Gefahren bestehen für Menschen, Tiere, Sachwerte?
- Welche Gefahr muss zuerst bekämpft werden?
- Wo ist der Gefahrenschwerpunkt?
- Welche Möglichkeiten bestehen für die Gefahrenabwehr?
- Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Möglichkeiten?
- Welche Möglichkeit ist die beste?
Unsere Vorgehensweise - eine kritische Analyse
Klimaanlage vorhanden?
Rauch soll nicht über "Weißbereiche" abziehen
Dem Druck der Öffentlichkeit standhalten
Das Öffnen einer einzigen Tür - eine entscheidende taktische Maßnahme
Tür hält Sauerstoff zurück
Tür hält Rauch zurück
hilft Rettungswege rauchfrei zu halten
Müssen wir diese Tür öffnen?
kann Brand mit FogNail bekämpft werden?
sind überhaupt noch Werte zu retten, die mögliche Rauchschäden übertreffen?
Müssen wir diese Tür jetzt öffnen?
Können wir noch etwas tun,
um die Auswirkungen zu reduzieren?
Wir haben eine Tür geöffnet - Was sind die Konsequenzen?
Dieser Weg ist jedoch evtl. nicht ideal
z.B. Kellerbrand, Tür geschlossen, Treppenraum rauchfrei
z.B. Zugang über Terrasse
zusätzlich schon auch Sicherung auf klassischem Weg mit AS und Wasser am Strahlrohr, aber nur bis Rauchgrenze.
Greift nur ein, wenn sich Feuer ausbreitet oder auf Befehl.
Küchentür ist geschlossen, Restl. Wohnung weitgehend rauchfrei.
Massiver Rauchaustritt aus Küchenfenster, keine Personen in der Wohnung
klassische Vorgangsweise:
Rauch kann sich auf die gesamte Wohnung un den Treppenraum ausbreiten
Variante 1: Türen aller vom Brand nicht betroffenen Räume schließen, bevor der Trupp die Küchentür öfffnet
Variante 2: qualifizierter Außenangriff: Trupp schließt die Türen und geht vor der Küchentür in Position.
2. Rohr greift von außen über das Küchenfenster an.
Erfordert große Disziplin des Truppführers vor der Küchentür!
Variante 3: Türen umgehen: Trupp steigt über ein anderes Zimmer der Wohnung ein, damit bleibt zumindest die Wohnungsabschlusstür zu und der Treppenraum rauchfrei
Variante 4: Lüftereinsatz im Druckbetrieb: Überdruckbelüfter vor dem Gebäude; Nach Kontrolle des Treppenraumes werden dort alle Fenster geschlossen, In der Wohnung alle Türen schließen, dann erst die Küchentür öffnen. Der Überdruck drückt die Luft in die Küche und kann durch das Küchenfenster abströmen.
Variante 5: mobiler Rauchverschluss, evtl. auch in Kombination mit einem Hochleistungslüfter
Variante 6: Angriff mit FogNail: Feuer wird deutlich eingedämmt; wie es letztendlich gelöscht wird, kann ohne Zeitdruck entschieden werden.
Variante 7: Lüftereinsatz im Saugbetrieb (wenn Fenster nicht geborsten und sich auch nicht von außen öffnen lässt) Lüfter wird in einem Zimmer so aufgestellt, dass der Abluftkegel das Fenster komplett belegt. Die Wohnungstür wird soweit wie möglich geschlossen. Der Rauch aus der Küche zieht durch den Luftstrom mit ab.
Diese Variante ist jedoch mit Risiken verbunden!
Entwicklung v. Geräten, die ermöglichen, moderne Fenster v. außen gefahrlos zu zerstören.
FogNail ("Löschlanzen")
Der Autor träumt von einer verantwortungsbewussten, gut geschulten und angemessen ausgestatteten Feuerwehr, die die Werkzeuge von der Gemeinde zur Verfügung gestellt bekommt, die sie benötigt, um gute Arbeit ohne sicherheitsrelevante Defizite leisten zu können.
Einsatzstellen nach dem Brand kritisch begehen, Einsatznachbesprechung.
Übungen unter realitätsnahen Bedingungen, nicht immer mit voll besetzten Fahrzeugen.
Fehler bei Übungen aufdecken, um besser zu werden.
Die meisten Probleme sind Einstellungsprobleme in unseren Köpfen. Sie lassen sich ohne finanziellen Aufwand lösen. Wir müssen es nur wollen.